Wirkungsbeschreibung des Teilprojekts „GESUND!“

Berlin, 02.06.2021

Zusammenfassung in einfacher Sprache

Im Projekt GESUND! haben Menschen mit und ohne Lernschwierigkeiten zusammen geforscht.
Es ging dabei um Gesundheits-Förderung.
Gesundheits-Förderung bedeutet die Gesundheit zu verbessern.
Das ist das Ziel von Gesundheits-Förderung.
Wir im Projekt GESUND! sind von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB)
und von den Lichtenberger Werkstätten gemeinnützige GmbH (LWB).

©vdek/Hafemeister

Wir haben uns Fragen gestellt:

  • Wie können Menschen mit Lernschwierigkeiten etwas über Gesundheit lernen?
  • Wie können sie dabei gut mitmachen?
  • Wie können Menschen mit und ohne Lernschwierigkeiten gut zusammen arbeiten und forschen?

Wir haben viel ausprobiert.
Zuerst gab es einen Gesundheits-Kurs in der Werkstatt.
Eine Gruppe hat eine Befragung zum Thema „Gesundes Essen“ in der Werkstatt gemacht.
Eine andere Gruppe hat viel über „Lärm in der Werkstatt“ herausgefunden.

Dann gab es ein Seminar an der Hochschule.
Dort haben wir Fotos vom Bezirk Berlin-Lichtenberg gemacht.
Wir haben herausgefunden, was uns im Bezirk gesund hält.
Und wir haben herausgefunden, was uns krank macht.

Wir haben auch in einer Schreib-Werkstatt zusammen gearbeitet.
Dort haben wir drei Geschichten über das Projekt GESUND! geschrieben.©vdek/Hafemeister

Danach haben wir gemeinsam 4 Seminare entwickelt.
Bei den Seminaren geht es um Gesundheits-Förderung.
Wir haben uns viele Lern-Spiele und Aufgaben ausgedacht.
Und wir haben eigene Videos gedreht.
Die fertigen Seminare haben wir in der Werkstatt ausprobiert.


Das Projekt GESUND! hat viel erreicht.
Vieles hat sich durch das Projekt verändert.

1. Die Menschen im Projekt GESUND! haben sich verändert.
Die Menschen von der Werkstatt und die Menschen von der Hochschule haben viel gelernt.
Sie haben sich weiter entwickelt.

2. Die Organisationen im Projekt GESUND! haben sich verändert.
In der Werkstatt LWB wird mehr über Gesundheit gesprochen.
Und es wird mehr Gesundheits-Förderung gemacht.
Außerdem gibt es eine neue GESUND! Arbeits-Gruppe.
Die Arbeits-Gruppe bietet die 4 neuen Seminare in der Werkstatt LWB an.
Vielleicht wollen auch andere Werkstätten die Seminare buchen.
Dann fährt die AG dahin und gibt die Seminare dort.  

Die Hochschule KHSB ist inklusiver geworden.
In der Hochschule haben sich Menschen mit und ohne Behinderung getroffen.
Auch in Zukunft will die KHSB, dass Menschen mit und ohne Behinderung an die Hochschule kommen.
Sie sollen dort zusammen lernen.

3. Viele andere Menschen haben vom Projekt GESUND! gelernt.
Das Projekt GESUND! hat viele Texte geschrieben und viele Vorträge gemacht.
Viele Menschen haben diese Texte gelesen und den Vorträgen zugehört.
Es gab auch eine Schulung für Fachleute, die in Werkstätten oder Wohnstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten.
Sie haben dabei etwas über Gesundheits-Förderung gelernt.
Wir haben von vielen Menschen gehört: Ihr habt gute Arbeit gemacht. Ich habe von euch gelernt.

©vdek/Hafemeister

Grafiken: ©vdek/Hafemeister

Projektvorstellung

Das partizipative Forschungsprojekt GESUND! widmete sich dem Themenbereich Gesundheitsförderung für und mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Unsere übergeordneten Fragestellungen lauteten:

  1. Wie kann Gesundheitsförderung für Menschen mit Lernschwierigkeiten gemeinsam mit ihnen im kommunalen Umfeld gestaltet und verankert werden?
  2. Wie gelingt partizipative Gesundheitsforschung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten?

Um diese Fragen beantworten zu können, planten wir im Projektverlauf verschiedene Studien und entwickelten unterschiedliche Maßnahmen.

1. Förderphase (2015-2018)

Die Ausgangssituation für die Umsetzung des Projekts war das Setting einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) im Bezirk Berlin-Lichtenberg. Das Team der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) arbeitete eng mit den LWB - Lichtenberger Werkstätten gemeinnützige GmbH zusammen, und erreichte dadurch einen niederschwelligen Zugang zu der Adressat*innengruppe Menschen mit Lernschwierigkeiten. Mithilfe von Treffen auf Leitungsebene und einer Befragung unter Werkstatt-Beschäftigten (N = 90) wurde die Ausgangssituation und der Bedarf an Gesundheitsförderung vor Ort erhoben.

Von September 2015 bis Juni 2016 folgte die Planung und Durchführung eines Kurses mit dem Titel: „Gesundheitsforscherin ∕ Gesundheitsforscher in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)“. Das Bildungsangebot zielte darauf ab, die Gesundheitskompetenz der Teilnehmenden (N = 14) zu stärken und sie auf einen gemeinsamen Forschungsprozess vorzubereiten. Der Gesundheitskurs gliederte sich eine kursspezifische Phase, in der Gesundheitswissen und Kompetenzen vermittelt wurden, und eine projektorientierte Phase. In der projektorientierte Phase wurden die Teilnehmenden darin unterstützt, eigene Fragestellungen zu bearbeiten. Die Kursgruppe teilte sich in zwei gemischte Forschungsteams, bestehend aus Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Rolle als Mitforschende und Mitarbeitenden der KHSB als akademisch Forschende. Die Mitforschenden wählten die beiden Themen „Gesundes Essen“ und „Lärm im Betrieb“ für die Projektphase aus. Die Forschungsteams realisierten Befragungen in unterschiedlichen Abteilungen der WfbM, führten ein Fotoprojekt durch, deckten Probleme auf und entwickelten Empfehlungen und Lösungsstrategien für die LWB.

Ausgewählte Lehr- und Lernmaterialien aus dem Gesundheitskurs haben wir in der Broschüre „Gesundheitsförderung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Leichter lernen mit dem Projekt GESUND!“ zusammen mit dem vdek open access veröffentlicht.

Zudem initiierten wir durch die Einführung von Gesundheitszirkeln eine betriebliche Gesundheitsförderung in der Werkstatt und organisierten zwei Kunstprojekte: ein partizipatives Rap-Projekt mit dem Künstler Graf Fidi und ein Graffiti-Projekt in Abstimmung mit Stromnetz Berlin zur Gestaltung von fünf Stromkästen. LWB-interne Präsentationen, die Ehrung der Teilnehmenden sowie öffentliche Ergebnispräsentationen bildeten den Abschluss der Aktivitäten innerhalb der kooperierenden WfbM.

Nachfolgend richteten wir den Fokus auf kommunale Themen und Fragestellungen und verlegten unsere Aktivitäten von der WfbM an die Hochschule. Dort führten wir von Oktober 2016 bis April 2017 ein inklusives Seminar mit dem Titel „Gemeinsam forschen in Lichtenberg“ durch. Ziel des Seminars war es, die Sicht von Menschen mit Lernschwierigkeiten auf gesundheitsförderliche und gesundheitshinderliche Aspekte in ihrem unmittelbaren Sozialraum zu erfassen. Mit der Methode Photovoice suchten wir in einem partizipativen Prozess Antworten auf die Fragen: Was erhält uns gesund in Lichtenberg? Was macht uns krank in Lichtenberg? Die Ergebnisse, die die Perspektive der Mitforschenden auf ihren Bezirk deutlich machten, wurden zusammengeführt und im Rahmen einer Ausstellung auf Roll-ups präsentiert. Es folgten eine Abschlussfeier und die Ergebnispräsentation an mehreren Orten in und außerhalb von Berlin.

In Zusammenarbeit mit inforo haben wir einige unserer Arbeitsmaterialien zu Photovoice aufbereitet, damit Interessierte sie für eigene inklusive/partizipative Projekte nutzen können.

Zum Ende der ersten Förderphase von GESUND! konzentrierten wir uns auf eine übergreifende Datenauswertung und Reflexion der partizipativen Zusammenarbeit. In diesem Zusammenhang führten wir unter anderem eine GESUND!-Schreibwerkstatt durch. Das Forschungsteam der Schreibwerkstatt bestand aus drei Autor*innen (Mitforschenden) und drei akademisch Forschenden. Von September bis Dezember 2017 traf sich die Gruppe regelmäßig, um die Sicht der Mitforschenden auf das Erlebte und Erforschte in GESUND! zu dokumentieren und in Form von Geschichten festzuhalten (siehe Kap. 4 in unserm Buch „Gemeinsam forschen - gemeinsam lernen. Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Partizipativen Gesundheitsforschung“).

2. Förderphase (2018-2021)

Auf Grundlage der in der ersten Förderphase gewonnen Erkenntnisse setzen wir unsere Arbeit fort und fokussierten auf das Thema Gesundheitsbildung für und mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Unsere Hauptziele in dieser Projektphase waren die partizipative Entwicklung und Erprobung von Gesundheitsseminaren sowie die Qualifizierung von Menschen mit Lernschwierigkeiten als (Co-)Referent*innen für diese Seminare.

Zu diesem Zweck wurde ein inklusives Team zusammengestellt, bestehend aus sieben Beschäftigten der LWB und vier Mitarbeitenden der KHSB. Die Werkstatt schloss mit der Hochschule Teilzeitbeschäftigungsverträge ab. Das inklusive Team traf sich regelmäßig an der Hochschule, zumeist einmal wöchentlich, um gemeinsam Gesundheitsseminare zu entwickeln. Der partizipative Arbeitsprozess wurde dabei von neun Schritten strukturiert. Zum Beispiel wurden, nach gemeinsamer Festlegung des Gesundheitsthemas, Informationen gesammelt, Ziele formuliert, Seminarmaterial erarbeitet, sowie Probeseminare durchgeführt und ausgewertet.

Die Mitforschenden gestalteten die Abläufe, Methoden und Materialien für die Seminare mit. Ein wichtiger Aspekt war dabei eine passgenaue Methodik und Didaktik zu finden. Wir entwickelten daher Materialien in leicht verständlicher Sprache und ergänzten sie mit visualisierende Methoden, etwa aus dem Bereich der Foto-/Videografie. Die Mitforschenden aus der LWB lernten zudem, die Seminare im Sinne von peer-to-peer-education mit Unterstützung selbst anzuleiten. Auf diesem Weg sind insgesamt vier Seminare entstanden: Bildungsangebote von Menschen mit Lernschwierigkeiten für Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Die LWB hat nach Fertigstellung des letzten GESUND! Seminars im Herbst 2020 damit begonnen, eine eigene GESUND! AG aufzubauen. Die Werkstatt möchte die entwickelten Seminare für ihre eigenen Mitarbeitenden als Bildungsangebot nutzen und sie darüber hinaus als Inhouse-Weiterbildung anderen Werkstätten und Sozialeinrichtungen anbieten. Die Mitforschenden des Projekts gehören dieser Abteilung an und agieren dort als GESUND! Expert*innen und Seminarleitungen.

Einen Überblick zu den vier GESUND! Seminaren mit entsprechenden Flyern und Videos haben wir auf dieser Seite zusammengestellt. Eine Veröffentlichung der Curricula und Seminarmaterialien ist derzeit in Arbeit.

Beteiligte Personen und Organisationen

Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin

  • Reinhard Burtscher, Projektleitung (1. & 2. Förderphase),
    reinhard.burtscher(at)khsb-berlin.de
  • Theresa Allweiss, Wissenschaftliche Mitarbeiterin (1. & 2. Förderphase)
  • Merlin Perowanowitsch, Projektmitarbeiter (1. & 2. Förderphase)
  • Nikola Schwersensky, Projektmitarbeiterin (1. & 2. Förderphase)
  • Elisabeth Rott, Projektmitarbeiterin (1. Förderphase)
  • Germaine Köchling, studentische Mitarbeiterin (2. Förderphase)
  • Laura-Sophie Dauti, studentische Mitarbeiterin (2. Förderphase)

LWB - Lichtenberger Werkstätten gemeinnützige GmbH

  • Christiane, Mitforschende (1. Förderphase)
  • Frank Backhaus, Mitforschender (1. Förderphase)
  • Daniela Barleben, Mitforschende (1. Förderphase)
  • Monika Genandt, Mitforschende (1. Förderphase)
  • Nicole Maaß, Mitforschende (1. Förderphase)
  • Conny Müller, Mitforschende (1. Förderphase)
  • Jens Müller, Mitforschender (1. Förderphase)
  • Michaela Strunk, Mitforschende (1. Förderphase)
  • Symone Trepte, Mitforschende (1. Förderphase)
  • Christian Meinhard, Mitforschender (1. & 2. Förderphase)
  • Sven Frey, Mitforschender (1. & 2. Förderphase)
  • Willi Rex, Mitforschender (1. & 2. Förderphase)
  • Christian, Mitforschender (1. & 2. Förderphase)
  • Dana Jungen, Mitforschende (2. Förderphase)
  • Elham, Mitforschende (2. Förderphase)
  • Luise Pflanz, Mitforschende (2. Förderphase)
  • Florian Demke, Geschäftsführung, Projektbegleitung (1. & 2. Förderphase)
  • Ute Hannemann, Leitung Sozialdienst, Projektkoordination (1. & 2. Förderphase)
  • Christophe Visscher, Bildungskoordinator, Transferbeauftragter (2. Förderphase)

In der ersten Förderphase wurden wir von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet.

In der zweiten Förderphase arbeitete GESUND! mit einer Begleitgruppe zusammen, die aus Vertreter*innen der Kooperationspartner, anderer sozialer Träger (Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.; RBO – Inmitten gemeinnützige GmbH; Akademie für Gesundheit, Kommunikation & Recht) und des vdek bestand.

Kooperationspartner von GESUND!

  • LWB – Lichtenberger Werkstätten gemeinnützige GmbH
  • Bezirksamt Lichtenberg von Berlin (Abteilung Jugend und Gesundheit, QPK - Qualitätsentwicklung, Planung und Koordination)
  • Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin e.V
  • vdek – Verband der Ersatzkassen e.V.

Produkte

GESUND! Veröffentlichungen:

Beiträge in Magazinen, Fachzeitschriften und Sammelbändern:

  • Burtscher R (2014) Gesundheitsförderung und Gesundheitsbildung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Erwachsenenbildung und Behinderung(2):4–11
  • Burtscher R (2015) Partizipative Gesundheitsförderung mit Menschen mit Behinderung. impu!se für Gesundheitsförderung(87):5–6
  • Allweiss T, Burtscher R, Perowanowitsch M (2016) Aktuelle Forschungsprojekte. Partizipative Gesundheitsforschung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten – Das Projekt GESUND! VHN 85:257–259. https://doi.org/10.2378/vhn2016.art30d
  • Burtscher R (2016) Betriebliche Gesundheitsförderung in der Werkstatt für behinderte Menschen. In: Becker K-P (Hrsg) Bewährtes bewahren - Neues gestalten, Berlin, S 57–67
  • Allweiss T, Burtscher R, Perowanowitsch M (2016) An empowerment-oriented health education programme for people with intellectual disabilities. European Journal of Public Health(Abstract Supplement 1 - 9th European Public Health Conference)26. https://doi.org/10.1093/eurpub/ckw175.040
  • Burtscher R (2016) Mitmachen in der Gesundheitsförderung. Partizipative Gesundheitsforschung inklusiv. In: Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) (Hrsg) Mitten drin oder nur dabei?! Auf dem Weg in eine inklusive Bürgergesellschaft, Berlin, S 104–109
  • Allweiss T, Pohl W (2016) Gesundheitsförderung inklusiv. Das Projekt GESUND! in der Lichtenberger Werkstatt für Behinderte. Werkstatt:Dialog(3):46–47
  • Burtscher R (2017) Menschen mit Lernschwierigkeiten und Partizipative Gesundheitsforschung. In: Gemeinsame Jahrestagung – der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie e.V. (DGEpi), – der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Soziologie e.V. (DGMS) und – der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention e.V. (DGSMP). Georg Thieme Verlag KG. DOI: 10.1055/s-0037-1605725
  • Allweiss T, Perowanowitsch M, Burtscher R, Wright MT (2018) Participatory Exploration of Factors Influencing the Health of People with Intellectual Disabilities in an Urban District. A Photovoice Study. In: Proceeding of the 3rd International Conference on Public Health. The International Institute of Knowledge Management (TIIKM), S 237–245
  • Das GESUND! Forschungsteam (2018) Der Blick von Menschen mit Lernschwierigkeiten auf ihre Gesundheit. impu!se für Gesundheitsförderung(99):7–8
  • Elze S, Frey S, C., Allweiss T, Schwersensky N (2018) Methodenvielfalt im Projekt GESUND! Wie Menschen mit Lernschwierigkeiten partizipativ forschen. Klinische Sozialarbeit 14(4):6–7
  • Wright MT, Burtscher R, Wihofszky P (2018) PartKommPlus: German Research Consortium for Healthy Communities—New Developments and Challenges for Participatory Health Research in Germany. In: Wright M T, Kongats K (Hrsg) Participatory Health Research. Voices from Around the World. Springer, Cham, Switzerland, S 117–126
  • Burtscher R (2019) Wirkungen und Gelingensbedingungen der Partizipativen Gesundheitsforschung. In: Walther K, Römisch K (Hrsg) Gesundheit inklusive. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, S 89–106
  • Meinhard C, Wallner C, Allweiss T (2019) Die GESUND! Werkstatt zu Besuch in Hamburg. Stadtpunkte(1):11
  • Allweiss T, das GESUND! Team (2020) Gesundheitsfördernde Lernräume partizipativ gestalten. Arbeitsweisen und Erfahrungen aus dem Projekt GESUND! heilpaedagogik.de(3):22–25
  • Burtscher R (2020) Was stärkt das Herz? neue caritas(9):23–24
  • Wihofszky P, Hartung S, Allweiss T et al. (2020) Photovoice als partizipative Methode: Wirkungen auf individueller, gemeinschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene. In: Hartung S, Wihofszky P, Wright M T (Hrsg) Partizipative Forschung. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, S 85–141
  • Burtscher R, Perowanowitsch M (2020) Integrierte Angebote der Gesundheitsförderung in der beruflichen Bildung und bei der Arbeit von Menschen mit Behinderung. In: Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. (Hrsg) Teilhabe durch Arbeit. Ergänzbares Handbuch zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Lebenshilfe-Verlag, Marburg
  • Burtscher R, Schwersensky N, Perowanowitsch M (2021) Was geht? Der Einsatz digitaler Anwendungen durch Menschen mit Lernschwierigkeiten in Corona-Zeiten. Teilhabe 60(1):30–35
  • Burtscher R, Allweiss T, Demke F (2021) Gesundheitsförderung in der Lebenswelt. Neue Angebote der Gesundheitsbildung für Werkstätten. Werkstatt:Dialog(1):23–25
  • Tillmann V, Remark C, Perowanowitsch M (2021) Gesundheitsbildung in Corona-Zeiten – neue Herausforderungen, neue Chancen? Erwachsenenbildung und Behinderung(1):45–52

Außerdem veröffentlichte GESUND! mehrere Beiträge in der LWB- Werkstattzeitung “Werkstattbote”, der Zeitschrift „Einblicke“ der Stiftung Rehabilitationszentrum Berlin-Ost und der Zeitschrift „Einblicke“ der KHSB.

Onlineveröffentlichungen und Projektberichte:

Studentische Arbeiten:

  • Perowanowitsch M (2015) Konzeptentwicklung eines Online-Videokanals zur Stärkung der Gesundheitskompetenz von und mit Menschen mit Lernschwierigkeiten - Im Rahmen des Projekts ''GESUND!''. Bachelorthesis, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB)
  • Fiebig R, Zeidler J (2017) Gesundheitsförderung für Menschen mit Behinderungen. Eine Fragebogenerhebung im Bezirk Berlin- Lichtenberg. Bachelorthesis, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB)
  • Kögel K, Wolf E (2017) Gemeinsam Forschen in Lichtenberg. Evaluation des durchgeführten Forschungsprojekts zum Thema Gesundheit und Gesundheitsförderung von Menschen mit Lernschwierigkeiten mithilfe von Interviews. Hausarbeit in Empirischer Sozialforschung, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB)
  • Rott E (2017) Was tut mir gut? Eine partizipative Einzelfallstudie zur Gesundheit im Rahmen des Projektes GESUND! Projektbericht Praxisforschung, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB)
  • Schwersensky N (2020) Soziales Wohlbefinden und Gesundheitsförderung – eine interdisziplinäre Perspektive. Fokus: Menschen mit Lernschwierigkeiten. Masterthesis, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB)

Finanzierung

  • Das Projekt GESUND! wurde von Fördermitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms ‚Präventionsforschung‘ unter dem Förderkennzeichen 01EL1423A (erste Förderphase) und 01EL1823A (zweite Förderphase) finanziert.
  • Der Verband der Ersatzkassen (vdek) förderte zwei GESUND! Veröffentlichung und die professionelle Produktion einiger GESUND! Videos. Er stellte dem inklusiven Team in der zweiten Förderphase Mittel für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung. Der vdek finanzierte zudem eine eigene Schulungsreihe „Qualifizierung von pädagogischem Personal zu GESUND! Multiplikator*innen“.
  • Für die Bereitstellung der Außenarbeitsplätze der Mitforschenden erhielt der GESUND! Projektpartner LWB in der 2. Förderphase finanzielle Unterstützung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin.

Wirkungsbeschreibung

In dieser Wirkungsbeschreibung stellen wir (hier: die akademisch Forschenden von GESUND!) die Wirkungen unserer Projektarbeit vor. Die Aussagen basieren auf einer Zusammenführung und Analyse von unterschiedlichen Daten, Hinweisen und Belegen aus der ersten und der zweiten Förderphase unseres Teilprojekts.

Erläuterungen zur Methodik: Zum Ende der ersten Förderphase führten wir eine qualitative (inhaltsanalytische) Auswertung unserer Forschungsdaten (z. B. unserer Protokolle/Forschungsjournale) durch. Darüber hinaus organisierten wir eine Schreibwerkstatt mit drei Mitforschenden und einen partizipativen Auswertungsworkshop mit Fachkräften unserer Partnerwerkstatt, wobei wir bereits einen Schwerpunkt auf Wirkungen legten (siehe 1–4). Zu Beginn der zweiten Förderphase erarbeiteten wir eine sogenannte Wirkungskarte, die abbildete, wo wir Wirkungen unserer Arbeit verorteten. Die Wirkungskarte half uns dabei, einen Überblick zu gewinnen und eine Datenerhebungs- und Auswertungsstrategie zu entwickeln. Diese Strategie schloss folgende Elemente ein:

  • Strukturierte Selbstreflexionen im inklusiven Team: diese führten wir insgesamt dreimal durch (im Mai 2019, November 2019 und Oktober 2020) und erhoben jeweils die subjektive Zufriedenheit mit der gemeinsamen Arbeit, die eigenen Partizipationsmöglichkeiten im Projekt sowie die persönlichen Veränderungen durch die Mitarbeit.
  • Impact-Sammlung: hier dokumentierten wir verschiedene Hinweise und Belege für Wirkungen, beispielsweise anekdotische Belege in Form von Rückmeldungen, Kritik, Lob oder Anfragen an das GESUND! Team, reflexive Belege festgehalten in internen Protokollen und Tagungsmemos oder mediale Belege wie Zeitungsbeiträge oder Newsletternennungen.
  • Online-Befragung von Fachkräften unserer Partnerwerkstatt: der Fokus dieser Befragung lag auf der Einschätzung von Veränderungen in Zusammenhang mit GESUND! und bezog sich auf die im Projekt involvierten Personen sowie auf Strukturen und Arbeitsweisen in der Werkstatt (N = 11).

Sämtliches Datenmaterial überführten wir in die Software MAXQDA und codierten in einem ersten Schritt relevante Passagen nach Wirkungskategorien; in einem zweiten Schritt differenzierten wir – wenn möglich – nach den Kategorien Kontext (z. B. Rahmenbedingungen, Startvoraussetzungen), Aktivität (Wirkungswege und für Wirkungen begünstigende oder hemmende Maßnahmen oder Faktoren) und Wirkung.

Es zeigten sich in Zusammenhang mit der Projektarbeit Veränderungen bei den Menschen, die in den einzelnen Projektphasen als inklusive Teams eng zusammenarbeiteten, also den mitforschenden Menschen mit Lernschwierigkeiten und uns akademisch Forschenden. Wirkungen auf institutioneller Ebene konnten wir sowohl bei unserem Kooperationspartner Lichtenberger Werkstätten gemeinnützige GmbH (LWB) als auch innerhalb der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) feststellen. Zudem beobachteten wir Wirkungen auf Fachkräfte außerhalb des Projektkontextes. Diese Wirkungen stellen wir in den folgenden Abschnitten vor.

1. Wirkungen auf Individueller Ebene

a) Wirkungen bei den mitforschenden Menschen mit Lernschwierigkeiten

Die Zusammenarbeit mit den Mitforschenden fand in GESUND! in verschiedenen Konstellationen und Settings sowie zu verschiedenen Zielstellungen statt (siehe Projektvorstellung). Die Forschungsaktivitäten waren dabei mit Bildungsangeboten verknüpft (Gesundheitskurs in der ersten Förderphase, Weiterbildungsmöglichkeit zur Seminarleitung in der zweiten Förderphase). Im Projektverlauf wechselte der Arbeitsort der inklusiven Teams von der kooperierenden Werkstatt an die Hochschule. In der zweiten Förderphase schlossen die Mitforschenden zudem Außenarbeitsplatz-Verträge in Teilzeit mit der Hochschule ab. Das bedeutete, dass die Beteiligung an GESUND! für die Mitforschenden offiziell als Arbeitszeit galt und sie für ihre Mitarbeit ein erhöhtes Arbeitsentgelt erhielten.

Die mitforschenden Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelten eine hohe Identifikation mit GESUND! und ihre Motivation zur Mitarbeit blieb durchgehend hoch, was sich beispielsweise in der Kontinuität ihrer Teilnahme zeigte. Die Rückmeldungen der Mitforschenden gegenüber den akademischen Teammitgliedern und Mitarbeitenden der Werkstatt zeugen sowohl von einer hohen Zufriedenheit mit dem Teilprojekt als auch von Stolz über die dort geleistete Arbeit. In den inklusiven Projektteams stellte sich schnell ein positives Gruppengefühl ein. Insbesondere während der zweiten Förderphase betonten die Mitforschenden immer wieder, wie sehr sie das Team schätzen und wie gut die Zusammenarbeit sei: „Die Gruppe ist klasse, cool.“ „Wir können gut miteinander reden.“ „Hier ist richtige Teamarbeit.“ [5]

Die Mitforschenden erschlossen durch GESUND! neue Beschäftigungsfelder für sich und erlebten sich in verschiedenen Rollen, zum Beispiel als Teilnehmer*in einer Weiterbildung, Forscher*in, Entwickler*in, Filmemacher*in, Seminarleiter*in, Autor*in und Referent*in. Durch Auftritte auf Tagungen oder durch das Anleiten der selbstentwickelten Seminare erfuhren sie viel Wertschätzung und Respekt. Einige der Teammitglieder mit Lernschwierigkeiten meldeten uns zurück, dass sie durch ihre Mitarbeit an Selbstbewusstsein gewonnen hätten und sich als selbständiger erlebten. Diese Beobachtung wurde auch von dem Fachpersonal der Werkstatt geteilt. Die Mitforschenden erweiterten im Projektverlauf zudem ihre Sozialkompetenzen in Bereichen wie Kommunikation, Moderation, Auftreten oder Teamfähigkeit. [5]

Eine weitere wichtige Wirkung, die teilweise auch von den Mitforschenden selbst verbalisiert wurde, war, dass die Arbeit in GESUND! Ermächtigungsprozesse (mit-)anregte. So berichtete ein Teammitglied, dass er den Mut geschöpft habe, eine neue Arbeitsstelle zu suchen [1]. Andere Mitforschende führten beispielsweise ein Gespräch mit der Werkstattleitung, um diese auf ihre Anliegen hinzuweisen. Das Vertreten und Durchsetzen eigener Interessen zeigte sich auch in der Zusammenarbeit im inklusiven Team, wo die Mitforschenden zunehmend selbstverständlicher und selbstsicherer eigene Ideen und Vorschläge einbrachten. [5]

Die Mitforschenden äußerten außerdem, dass sie in GESUND! Neues gelernt hätten und bewusster mit Gesundheitsfragen umgingen. Teilweise berichteten sie auch von Verhaltensänderungen zugunsten ihrer eigenen Gesundheit (z. B. dass sie gesünder kochen würden). Mitarbeitende der Werkstatt hoben besonders Veränderungen der Einstellungen und eine Sensibilität gegenüber Gesundheitsthemen hervor, welche sie bei vielen Mitforschenden wahrnahmen. Während im Verlauf der Entwicklung unseres Getränkeseminars fast alle Teammitglieder auf Wasser in eigenen Flaschen umstiegen, konnten bei der Bearbeitung der anderen GESUND! Seminare jedoch keine so offensichtlichen Verhaltensänderungen beobachtet werden. [5]

Neben diesen vielen als positiv zu bewertenden Wirkungen, zeigten sich auch negative Effekte. Vereinzelt berichteten Mitforschende etwa, dass sie sich vornehmen würden mehr für ihre Gesundheit zu tun (z. B. mehr spazieren zu gehen), dies aber nicht schafften. Auch kam es teilweise zu Überforderung bei den Mitforschenden, wenn sie sich zeitlich zu stark ins Projekt eingebunden fühlten oder mit Methoden konfrontiert wurden, die zu hochschwellig oder einer Situation unangemessen waren (z. B. Diskussionen zum Ende eines Arbeitstages). Zudem traten manchmal Rollenkonflikte auf, etwa wenn Mitforschende als Seminarleitungen vor den eigenen Werkstatt-Kolleg*innen auftraten. Mitforschende äußerten überdies Enttäuschung darüber, dass manche Empfehlung aus den GESUND! Studien (noch) nicht umgesetzt oder weiterverfolgt wurden. In der 2. Förderphase wurde auch die Befürchtung geäußert, dass alles was in GESUND! erarbeitet werde, am Ende keine weitere Verwendung finden könnte. [5]

b) Wirkungen bei den akademisch Forschenden

Wir akademisch Forschende lernten im Verlauf von GESUND! ebenso viel hinzu und erweiterten unsere fachlichen und sozialen Kompetenzen. Wir waren von Beginn an interdisziplinär aufgestellt und arbeiteten bis auf einen personellen Wechsel sechs Jahre kontinuierlich zusammen. Die Arbeitsatmosphäre im Hochschulteam bewerteten wir insgesamt positiv. Ein Mitglied des Teams beschrieb es folgendermaßen: „Sehr wertschätzendes multiprof. Team mit flachen Hierarchien und motivierender Teamführung. Ideen konnten jederzeit eingebracht werden. Selbstwirksamkeitserfahrung hoch.“ [5] Ebenso wurde die regelmäßige Zusammenarbeit im inklusiven Team als bereichernd erlebt und der Kontakt zu den Mitforschenden als sehr gut, wenngleich manchmal als einseitig, beschrieben. [5]

Die einzelnen Mitglieder des Hochschulteams hatten bei Projektstart erst wenig bzw. keine Erfahrung mit partizipativer Forschung gesammelt, sodass die Lernkurve vor allem in diesem Bereich sehr steil verlief. Wir haben uns einerseits theoretisch mit Partizipativer Gesundheitsforschung (PGF) auseinandergesetzt und andererseits viel praktische Erfahrung gesammelt, als wir partizipative Prozesse moderierten und neue Methoden umsetzten, bzw. bekannte Methoden für unsere Bedarfe modifizierten. Die Möglichkeiten zur kritischen Prozessreflexion im akademischen Team waren, ebenso wie das Verschriftlichen der gesammelten Erfahrungen, wichtige Wege des Erkenntnisgewinns. [5]

Durch das partizipative Forschen eröffneten sich uns viele neue Perspektiven. Wir erhielten Einblicke in die Lebenswelt unserer Mitforschenden und konnten ein zunehmend differenzierteres Verständnis für sie entwickeln. Dies geschah ebenso für unsere Kooperationspartner, deren Strukturen und Arbeitsweisen wir besser kennenlernten. Auch in Bezug auf die verschiedenen Gesundheitsthemen, die wir gemeinsam mit den Mitforschenden bearbeiteten, verzeichneten wir einen Wissenszuwachs. Besonders das Recherchieren und in „leichtere Sprache Übersetzen“ von Informationen, sowie das Weitergeben und Vertiefen der Inhalte in den inklusiven Teams begünstigten unsere Lernerfahrungen. Die intensive Auseinandersetzung mit den Gesundheitsthemen (z. B. im Bereich Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung oder auch Umweltschutz) führte bei Teammitgliedern zur Bewusstseinsbildung bis hin zu Veränderungen im eigenen Lebensstil. So sagt ein Teammitglied etwa von sich: „ich selbst habe beim Thema Ernährung und Verpackung dazugelernt und auch im Alltag einiges geändert“ [5].

Durch die Arbeit in GESUND! vergrößerten wir überdies unsere professionellen Netzwerke, erweiterten unsere pädagogischen Kompetenzen und lernten viel hinzu in Bereichen wie Betriebliche Gesundheitsförderung, Projektmanagement und  förderung, interdisziplinärem Arbeiten und Videographie. Einige aus dem Team erschlossen neue Tätigkeitsbereiche für sich oder setzten neue berufliche Schwerpunkte, was sich beispielsweise in einem Studienwechsel und der Ausbildung eines neuen Forschungsschwerpunktes zeigte. [5]

Neben Kenntnissen und Kompetenzen bildeten wir auch unsere Haltung und unser Bewusstsein bezüglich (forschungs )ethischer Fragen, Partizipation, Einflussnahme und Machtverhältnissen weiter. Ein Teammitglied drückte diese Entwicklung folgendermaßen aus: „Ich bin für verschiedene Themen sensibler geworden, was sich auch privat/ im allgemeinen Denken und Verhalten zeigt (z. B. in Bezug auf Inklusion, Barrierefreiheit, Machtverhältnisse, Entscheidungsfindung, Sprache).“ [5]

Negativ wirkte sich auf uns aus, dass wir im Verlauf verschiedenen Schwierigkeiten gegenüberstanden, die teilweise Unsicherheit, Überforderung und/oder Unzufriedenheit hervorriefen. Diese Schwierigkeiten betrafen das Verständnis und die Umsetzung von Partizipation im Projekt, Unklarheiten über die eigene Rolle im Prozess oder im Umgang mit den Mitforschenden. Zum Beispiel waren wir uns im Team nicht immer einig darüber, wann Prozesse „[…] gelenkt, bzw. geführt werden (Leitung)“ und „wann Prozesse ausschließlich moderiert werden“ sollten [5]. Auch stellten sich uns die Fragen „[…] wie wissenschaftlich im klassischen Sinn unsere Arbeit ist. Und auf der anderen Seite wie partizipativ wir forschen, da die Rollenverteilung doch oft einem Lehrer*in – Schüler*in Verhältnis gleicht. Die Rollenverteilung bleibt ein zu reflektierender Teil innerhalb der PGF, aber ich kann damit jetzt besser umgehen.“ [5] Besonders zu Beginn der Zusammenarbeit war es nicht immer einfach im interdisziplinären Team eine gemeinsame Sprache zu finden und gemeinsam Ziele zu setzen. Rückblickend kann jedoch resümiert werden, dass viele dieser Probleme konstruktive Auseinandersetzungen anregten und im Projektverlauf gelöst oder ein produktiver Umgang damit gefunden werden konnte. [5]

2. Wirkungen auf institutioneller Ebene

a) Kooperationspartner LWB – Lichtenberger Werkstätten gemeinnützige GmbH

Die LWB ist eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) mit sechs Betriebsstätten in Berlin-Lichtenberg. Die Werkstatt beschäftigt etwa 700 Menschen mit Behinderungen, die in bestimmten Abteilungen und Bereichen tätig sind. Bereits vor dem Projektstart bestanden Kontakte zwischen der LWB und der KHSB, sodass es der Projektleitung von GESUND! sinnvoll erschien, diese Werkstatt zur Mitarbeit einzuladen. Die Werkstattleitung begrüßte den Kooperationsvorschlag, da sie Gesundheitsförderung schon länger als ein wichtiges Thema wahrnahm und beispielsweise durch die Zusammenarbeit mit der Sportorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung Special Olympics umsetzte. So war die Motivation zur Zusammenarbeit mit GESUND! bei der Geschäftsführung – auch nach personellen Wechseln – stets hoch. [5] Unter den Beschäftigten schien es ebenfalls ein großes Interesse an Gesundheitsthemen zu geben, wie eine kleine Befragung zu Beginn des Projekts zeigte [6].

Die Hauptaktivitäten von GESUND! (siehe Projektvorstellung) wurden in der LWB von einer Vielzahl weiterer Aktionen flankiert:

  • Passend zu den Themen des Gesundheitsbildungskurses wurde wöchentlich ein Aushang mit Gesundheitsinformation in einfacher Sprache (Beispiele finden sich hier) von uns akademisch Forschenden gestaltet und an alle Standorte des Betriebes verteilt. Einige der Kursteilnehmer*inne berichteten in ihren Arbeitsgruppen von den Kursinhalten und gaben so ihr Wissen an Kolleg*innen weiter.
  • Die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten „Lärm“ und „Gesund Essen“ wurden von den inklusiven Teams öffentlich in der LWB vorgestellt. Die Ergebnisausstellung des Photovoice-Projekts wurde an mehreren Betriebsstätten ausgestellt. Auch gab es verschiedene Informations- und Abschlussveranstaltungen in der LWB sowie GESUND! Stände bei Sommer- oder Sportfesten.
  • Während der ersten Förderphase wurde von uns der Aufbau eines Gesundheitszirkels in der LWB unterstützt. Nach zwei Arbeitstreffen wurde dieses Tool des Betrieblichen Gesundheitsmanagements eingestellt, da es zu viele personelle Ressourcen einband. Die im Zirkel identifizierten Gesundheitsbedarfe wurden in bestehenden Arbeitsgruppen weiterbearbeitet.
  • GESUND! initiierte ein Rap- und ein Graffiti-Projekt, welche von Mitforschenden und anderen Beschäftigten der LWB besucht wurden.
  • In der zweiten Förderphase wurden zu jedem entwickelten GESUND! Seminar mehrere Probeseminare für jeweils etwa zehn Teilnehmende in der Werkstatt organisiert. Zudem boten wir zusammen mit den Mitforschenden jedes der Seminare im Berufsbildungsbereich der LWB an. Hier nahmen bis zu sechs Auszubildende pro Durchgang teil.

Die GESUND! Aktivitäten führten dazu, dass das Thema Gesundheit in der LWB weitere Aufmerksamkeit erlangte und die Gesundheitskommunikation im Betrieb gefördert wurde. Eine Fachkraft berichtete zum Beispiel, dass sich Beschäftigte nach Besuch eines GESUND! Seminars darüber unterhielten: „Sie haben die einzelnen Aspekte danach noch untereinander besprochen und auch anderen Beschäftigten davon berichtet. Z.B. bezüglich der Plastikverpackungen oder dem Zuckergehalt von Nahrungsmitteln“ [5]. Jedoch erzielten nicht alle Aktionen die erhoffte Wirkung. So schätzte eine andere Fachkraft, dass die Aushänge in einfacher Sprache nur etwa fünf von 30 Personen interessierten. Auch fiel es vielen Mitforschenden schwer, ohne Unterstützung in ihren Arbeitsgruppen von GESUND! zu berichten. [5]

Die Werkstattmitarbeitenden in Leitung, Koordination und in den Abteilungen schienen insgesamt mit dem Projektverlauf zufrieden zu sein und freuten sich über die Entwicklungen, die sie bei den beteiligten Beschäftigten beobachteten (siehe Abschnitt 1a). Allerdings hätten sich viele von ihnen mehr Aktivitäten vor Ort und vor allem die Einbeziehung von mehr Beschäftigten gewünscht. Auch war die Koordination der Zusammenarbeit teilweise sehr aufwändig (z. B. da viele verschiedene Termine mit verschiedenen Abteilungen und Personen abgestimmt werden mussten). [5]

Besondere Wirkung erzielte das „Gesund Essen“ Projekt, bei dem ein inklusives Team eine Befragung an verschiedenen Betriebsstätten der LWB durchführte. Zu dem Forschungsteam gehörten auch zwei Beschäftigte der betriebseigenen Großküche. Die Mitarbeit in GESUND! wurde von ihrem Chef explizit gefördert, denn er verfolgte schon länger das Ziel das Kantinenangebot gesünder zu gestalten. Auf Basis der Befragungsergebnisse formulierte das inklusive Team verschiedene Empfehlungen [7], von denen eine direkt umgesetzt wurde, nämlich die Reduzierung von Süßspeisen als Mittagessen. Mitarbeitende der Werkstatt planten in Folge weitere Aktivitäten unabhängig von GESUND!, beispielsweise luden sie unterstützt durch eine Krankenkasse zu Stammtischen zu gesunder Ernährung ein und gründeten eine Arbeitsgruppe zur Erstellung eines eigenen LWB-Kochbuchs. Im weiteren Verlauf wurde das Angebot von Obst- und Gemüsesalaten erweitert und darauf geachtet, täglich ein vegetarisches Gericht anzubieten. Die Zuckerstreuer, die früher auf jedem Tisch der Kantinen zu finden waren, wurden am Tresen platziert, damit alle, die ihre Speisen und Getränke zuckern möchten, aufstehen müssen. Das führte zu einer drastischen Reduktion des Zuckerverbrauchs in der Werkstatt. Nicht alle diese Wirkungen können als direkte Folge unseres Teilprojekts angesehen werden, aber GESUND! leistete einen wichtigen Beitrag, da es die Beteiligten zu weiteren Schritten motivierte. [5]

Die LWB verankerte Gesundheitsförderung im Verlauf des GESUND! Projekts immer stärker innerhalb des Betriebes, zum Beispiel indem das Thema in das Qualitätsmanagement-Handbuch aufgenommen wurde. Die LWB bewarb sich zudem für den Gesundheitspreis der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege 2017 und gewann dort einen Sonderpreis [8]. Das Projekt GESUND! war hierbei zwar nicht federführend, aber es trug dazu bei, das Thema Gesundheit intern immer wieder in den Fokus zu rücken. [5]

In Bezug auf die Nachhaltigkeit des Projekts und weitere strukturelle Veränderungen im Betrieb können wir berichten, dass die entwickelten GESUND! Seminare von der LWB in Eigenregie weitergeführt werden: Innerhalb der LWB wird derzeit eine eigene GESUND! Arbeitsgruppe aufgebaut, für die ein Mitarbeiter einen Tag pro Woche freigestellt wird. Er führt die Treffen mit den Mitforschenden aus der zweiten Förderphase weiter und plant die stufenweise Einführung der Seminare als internes sowie externes Bildungsangebot für und von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Die Mitforschenden aus dem inklusiven Team fungieren in diesem Prozess als GESUND! Expert*innen und Seminarleitungen; sie werden als qualifiziertes Personal wahrgenommen und geschätzt. Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem akademischen Team und der LWB begünstigte wahrscheinlich diesen fast nahtlosen Übergang. GESUND! wurde nicht nur als ein Hochschulprojekt angesehen, bei dem man mitarbeitete, sondern genauso als ein LWB-Projekt. [5, 9]

Die LWB ist ein Unternehmen der Stiftung Rehabilitationszentrum Berlin-Ost (RBO). Ein Mitarbeiter aus den Wohnstätten der RBO berichtete, dass das Thema Gesundheit durch Mitforschende von der Werkstatt immer mehr ins Wohnen getragen werde, zum Beispiel den Speiseplan betreffend oder bei kleinen Situationen wie der Frage, ob man die Treppe oder den Fahrstuhl benutzen sollte. Auch in Bezug auf partizipatives Arbeiten berichtet er, sei die RBO sensibler geworden; Mitarbeitende fragten sich jetzt etwa bei der Gründung eines neuen Gremiums, ob auch an Selbstverstreter*innen gedacht wurde. Das Projekt GESUND! werde hier intern oft als Vorzeigeprojekt herangezogen. [5]

b) KHSB – Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin

Innerhalb der beteiligten Hochschule war das Projekt GESUND! ein wichtiger Wegbereiter für eine Öffnung der Hochschule gegenüber Menschen mit Lernschwierigkeiten. In der ersten Förderphase wurde im Wintersemester 2016/17 im Rahmen von GESUND! das erste inklusive Seminar an der KHSB durchgeführt. Das Wahlpflichtmodul „Gemeinsam forschen in Lichtenberg“ wurde von zehn Beschäftigten der LWB und zwei Heilpädagogik-Studierenden besucht und von uns akademisch Forschenden geleitet. Gemeinsam verwirklichten wir in diesem Seminar die Photovoice-Studie „GESUND! in der Stadt“ [4, 10]. In der zweiten Förderphase schloss die KHSB einen Vertrag über Außenarbeitsplätze in Teilzeit  mit der LWB ab. Fortan fanden – bis zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie und der Aussetzung der Präsenzlehre an den Hochschulen – alle Treffen des inklusiven Teams an der KHSB statt. Das hatte unter anderem zur Folge, dass der Kanzler der Hochschule die Belehrung zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zur Brandschutzverordnung zum ersten Mal in leicht verständlicher Sprache durchführte und die entsprechenden Merkblätter zusätzlich in einfache Sprache übersetzt wurden. Die Vertreter*innen des Studierendenparlaments stellten ihre Arbeit vor und das Personal in der Mensa berücksichtigte die besonderen Bedürfnisse der Mitforschenden. [5]

Das Engagement von GESUND! an der Hochschule führte zu einer Anfrage in einem europäischen Netzwerk mit Partnern aus Österreich, Irland, Island und der Schweiz mitzuwirken. Gemeinsam gelang es, im Rahmen von Erasmus+ eine strategische Partnerschaft aufzubauen. Ziel dieser Partnerschaft ist die Entwicklung von inklusiven Bildungsprogrammen an Hochschulen. Menschen mit Lernschwierigkeiten sollen – wie im Projekt GESUND! – an der Hochschule neue Bildungsangebote erhalten.

GESUND! hatte zudem Auswirkungen auf die Lehre an der KHSB. Die Projektleitung integrierte zunehmend Themen der Gesundheitsförderung in die Lehre. Insbesondere im Fachbereich Heilpädagogik lernten Studierende Gesundheitsförderung als wichtiges Arbeitsfeld kennen, was sich in zahlreichen Abschluss- und Hausarbeiten sowie Studienschwerpunktprojekten zum Thema spiegelte. Punktuell führten auch Projektmitarbeitende und Mitforschende Lehr- und Weiterbildungsveranstaltungen an der Hochschule durch, bei denen sie von ihrer Arbeit, PGF und/oder inklusiver Gesundheitsförderung berichteten. Zudem wurden GESUND! Materialien, wie das Rapvideo „G für Gesundheit“, in der Lehre – auch von Kolleg*innen außerhalb des Projektteams – eingesetzt. [5]

3. Wirkungen auf Fachkräfte außerhalb des Projektkontextes

Als das Projekt GESUND! 2015 seine Arbeit begann, gab es im deutschsprachigen Raum wenige Angebote der (kommunalen) Gesundheitsförderung für Menschen mit Lernschwierigkeiten [siehe z. B. 11]. Im Public-Health-Bereich schien Inklusion eher ein Randthema zu sein, genauso wie Gesundheitsförderung im heilpädagogischen Bereich. Jedoch spürten wir in beiden Bereichen ein wachsendes Interesse und beobachteten vielseitige Entwicklungen sowohl auf struktureller Ebene (z. B. vermehrte Förderung) als auch auf Ebene der Praxis und Forschung (z. B. neue Angebote und wissenschaftliche Publikationen) [12–14]. Die Neuerungen des Präventionsgesetzes von 2015 begünstigten diese Entwicklungen, da seitdem gesundheitsfördernde Maßnahmen, beispielsweise für Beschäftigte einer WfbM, über die Gesetzliche Krankenversicherung finanziert werden können (§ 20a Sozialgesetzbuch V). Vor diesem Hintergrund schien sich für uns ein Gelegenheitsfenster („window of opportunity“) zu öffnen, das die Verbreitung und Rezeption unserer Ergebnisse begünstigte.

Die Erfahrungen und Ergebnisse unserer Arbeit verbreiteten wir in Zeitschriften für verschiedene Zielgruppen (Praxis und Wissenschaft, Public Health und Heilpädagogik), über unsere Internetseite, das Online-Fachkräfteportal inforo oder über Beiträge auf Tagungen und Kongressen. Wir organisierten zudem selbst verschiedene Veranstaltungen, bei denen wir den Austausch mit Fachkräften aus dem Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich, Selbstvertreter*innen und Mitgliedern von Verwaltung und Politik suchten. Hier können wir die Fachtagung "Behindert und Gesund - Gesundheit in der Behindertenhilfe" der RBO-Stiftung oder die Wanderausstellung „GESUND! in der Stadt“ hervorheben. Letztere wurde an verschiedenen Orten und Gelegenheiten, etwa dem Kongress Armut und Gesundheit 2018, dem Tagesspiegel  Fachforum Gesundheit oder dem Lichtenberger Rathaus ausgestellt. Außerdem bewarben wir uns für verschiedene Preise, woraufhin wir in die Best Practice-Liste des Fachkollegs „Inklusion an Hochschulen – gendergerecht“ aufgenommen wurden und unser Projekt im Rahmen von „ZERO – for a world without barriers“ in der UNO in Wien vorstellen konnten.

Wir versuchten – sofern möglich – unsere Veröffentlichungen open access zur Verfügung zu stellen. Einige der Publikationen sind gemeinsam oder unter Einbezug der Mitforschenden entstanden [z. B. 1, 15–17]. Neben der Verschriftlichung von Erkenntnissen über partizipative Forschung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten [z. B. 3, 18], erarbeiteten wir Materialien für die Praxis. Diese dienen sowohl der Umsetzung von Gesundheitsbildung [19–21] als auch von PGF (z. B. Arbeitsmaterialien für die Methode Photovoice). Die Kooperation mit dem vdek ermöglichte eine professionelle Aufbereitung der Bildungsmaterialien und Erklärvideos, und erleichterte die Verbreitung der Materialien. So wurde die Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Broschüre „Gesundheitsförderung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Leichter lernen mit dem Projekt GESUND!“ vielfach in den Sozialen Medien, auf Blogs oder in Newslettern aufgegriffen [22].

Da Wirkungen insbesondere in der Praxis nicht unbedingt, bzw. nicht nur, durch Veröffentlichungen oder Tagungsbeiträge angeregt werden, entwickelten wir zusammen mit dem vdek eine Multiplikator*innenschulung für Fachkräfte. Die Weiterbildung mit dem Titel „Qualifizierung von pädagogischem Personal zu GESUND! Multiplikator*innen“ hatte das Ziel, interessierte Personen für die Umsetzung von Gesundheitsbildung und -förderung zu schulen und zu motivieren. Insgesamt qualifizierten sich durch dieses Weiterbildungsangebot in mehreren Durchgängen 63 pädagogische Fachkräfte [23]. 

Durch die verschiedenen Verbreitungswege erlangte unser Projekt – und vor allem die praktischen Materialien – Bekanntheit im Feld der Heilpädagogik und der Gesundheitsförderung. Unser akademisches Team (v. a. die Projektleitung) erhielt viele Einladungen in Gremien und Beiräten oder an Publikationen oder Tagungen mitzuwirken [24], was darauf hindeutet, dass uns Expertise für den Bereich Gesundheitsförderung und PGF mit Menschen mit Lernschwierigkeiten zugesprochen wird. [5] Wir erhielten überdies viel positives Feedback zu unseren Produkten, zum Beispiel zu der GESUND! Broschüre:

„[…] die Broschüre ist bei mir angekommen und ich finde diese inhaltlich hervorragend und vor allem von der Aufmachung her sehr gelungen. Eine wichtige Arbeitshilfe- ich bin begeistert.“ (E-Mail Fachkraft, 12. Juli 2017)

Oder zu unserem YouTube-Kanal:

„[…] die Filme sind einfach zauberhaft!!! So liebenswürdig und gleichzeitig kompetent bin ich noch nie über Gesundheitsförderung informiert worden!!“ (E-Mail Fachkraft, 14. Februar 2021)

Nach Projektvorstellungen auf Tagungen oder Austauschtreffen erhielten wir ebenfalls häufig Nachfragen, Interessensbekundungen oder Lob. Kritik erreichte uns vereinzelt. Diese bezog sich meist auf unseren Einsatz von einfacher/ leichter Sprache, welche in der Fachwelt nicht unumstritten ist.

Darüber hinaus erreichten uns Rückmeldungen von Fachkräften, die zeigen, dass die GESUND! Materialen von Dritten eingesetzt wurden, zum Beispiel:

  • „Übrigens habe ich durch Bekannte, die in Wohneinrichtungen arbeiten positive berichte zum Projekt bekommen. Ein Bekannter hat Bewohner*innen zum Baustein „Ernährung“ begleitet und hat ein positives Feedback zu den Inhalten und Methoden gegeben, die gut zu den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Zielgruppe passen.“ (E-Mail Begleitgruppenmitglied, 21. Oktober 2020, zu den Materialien in der GESUND! Broschüre)
  • „[…] bevor ich mich in meinen Sommerurlaub verabschiede, wollte ich Ihnen kurz mitteilen, dass unser Projekt ein fester Bestandteil unserer Arbeit geworden ist. Fast wöchentlich treffen wir uns drei Stunden und erarbeiten uns mit großer Freude die von Ihnen vorgeschlagenen Themen. […] Alle Teilnehmer, sowohl unsere Mitarbeiter mit Handycap, wie auch die Kollegen, freuen sich jeweils auf die Termine […]“ (E-Mail Teilnehmerin Multiplikator*innenschulung, 16. Juli 2019, zu den Materialien in der GESUND! Broschüre)
  • „Es freut mich sehr, dass wir ihre Unterlagen gut für unsere Workshops einsetzen können und sie uns auf so tolle, spannende Ideen gebracht haben die sehr gut bei den TeilnehmerInnen ankommen.“ (E-Mail Fachkraft, 6. Dezember 2018, zu den GESUND! Photovoice-Materialien)

Einige der gesammelten Rückmeldungen zu unserer Arbeit zeugen davon, dass Fachkräfte gegenüber Partizipation und Gesundheitsförderung aufmerksamer geworden sind und versuchen, diese Elemente stärker in ihre Arbeit zu integrieren [5]. Ein Beiratsmitglied berichtete uns etwa, dass es sensibler geworden sei, aber auch ermutigt, da es gesehen habe, dass Partizipation durch gemeinsame Projektarbeit gute Erfolge erzielen könne [25]. Besondere Bedeutung für Veränderungen in der Praxis hatte die Multiplikator*innenschulung. Hier beobachteten wir einen Wissens- und Kompetenzzuwachs bei den Teilnehmenden und erfuhren, dass diese teilweise dazu motiviert werden konnten, partizipativ zu arbeiten und/oder Gesundheitsförderung zu betreiben bzw. diesen Aspekten in ihrer Arbeit mehr Raum zu geben [23].

„Ich konnte sehr viel aus diesem Seminar [der Multiplikator*innenschulung, Anm. der A.] mitnehmen. Das Seminar hat meinen Blick auf das Thema Gesundheit im Rahmen meiner Arbeit verändert/positiv erweitert.“ [23, S. 19]

Bei den in der zweiten Förderphase entwickelten Gesundheitsseminaren zeigte sich besonders deutlich, dass die Produkte von der Partizipation der Menschen mit Lernschwierigkeiten profitierten. Unsere Mitforschenden bestimmten den Forschungs- und Entwicklungsprozess mit und brachten ihre Interessen und Erfahrungen ein. Dadurch scheinen die GESUND! Seminare eine hohe Relevanz sowie einen einzigartigen Aufforderungscharakter für die Adressat*innengruppe zu besitzen. [5]

Wir können annehmen, dass über die erreichten Fachkräfte auch Adressat*innen aus der Gruppe Menschen mit Lernschwierigkeiten von GESUND! profitierten. Jedoch ist es uns nicht möglich abzuschätzen, in welchem Umfang dies geschah oder welche Wirkungen es auf die Adressat*innen hatte.

Fazit und Ausblick

Zusammen mit anderen Projekten leistete GESUND! einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von partizipativen Ansätzen in der Forschung und erweiterte das Angebot im Bereich Gesundheitsförderung für und mit Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Für alle Beteiligten war es bereichernd, an GESUND! mitzuwirken und mitzuforschen. Unser Praxispartner LWB sowie viele der Mitforschenden sind weiterhin motiviert und fühlen sich gestärkt, um sich für die gesundheitlichen Belange von Menschen mit Lernschwierigkeiten einzusetzen. Durch die Weiterführung der GESUND! Projektgruppe in der LWB sind dafür die strukturellen Voraussetzungen geschaffen worden, sodass wir weitere nachhaltige Effekte erwarten. Auch wir akademisch Forschenden werden unsere gesammelten Erfahrungen und Kompetenzen weitertragen und u.a. in einem neuen dreijährigen Gesundheitsprojekt einsetzen und weiterentwickeln.

Quellen, Hinweise und Belege

1. Schwersensky N (2019) Gesundheitsforscher ∕ -innen in der Schreibwerkstatt. In: Becker K-P, Burtscher R (Hrsg) Gemeinsam forschen - gemeinsam lernen. Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Partizipativen Gesundheitsforschung. Stiftung Rehabilitationszentrum Berlin-Ost, Berlin, S 91–116

2. Burtscher R (2019) Gesundheitsforscher ∕ -in der WfbM – Der Gesundheitskurs. In: Becker K-P, Burtscher R (Hrsg) Gemeinsam forschen - gemeinsam lernen. Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Partizipativen Gesundheitsforschung. Stiftung Rehabilitationszentrum Berlin-Ost, Berlin, S 31–52

3. Burtscher R (2019) Wirkungen und Gelingensbedingungen der Partizipativen Gesundheitsforschung. In: Walther K, Römisch K (Hrsg) Gesundheit inklusive. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, S 89–106

4. Wihofszky P, Hartung S, Allweiss T et al. (2020) Photovoice als partizipative Methode: Wirkungen auf individueller, gemeinschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene. In: Hartung S, Wihofszky P, Wright M T (Hrsg) Partizipative Forschung. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden, S 85–141

5. Projekt GESUND! (2020) Ergebnisse der qualitativen Analyse projektinterner Protokolle und der Synthese gesammelter Wirkungshinweise, Nicht-öffentliches Dokument

6. Allweiss T, Burtscher R, Perowanowitsch M (2015) Kurzerhebung Gesundheit und Arbeit an der Lichtenberger Werkstatt für Behinderte gGmbH im Rahmen des Projekts PartKommPlus GESUND! Ergebnisbericht Juli 2015

7. Allweiss T, Rott E, E. S, G. M, F. S, M. R (2017) Gesund Essen. Ein partizipatives Forschungsprojekt in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Abschlussbericht in leicht verständlicher Sprache. partkommplus.de/fileadmin/files/Dokumente/GESUND_/Bericht_Projekt_Gesund_Essen_LWB_final_online.pdf

8. Hanssen A (2017) BGW-Gesundheitspreis 2017. BGW mitteilungen(04):12–13

9. Burtscher R, Allweiss T, Demke F (2021) Gesundheitsförderung in der Lebenswelt. Neue Angebote der Gesundheitsbildung für Werkstätten. Werkstatt:Dialog(1):23–25

10. Allweiss T (2019) GESUND! in der Stadt – die Photovoice-Studie. In: Becker K-P, Burtscher R (Hrsg) Gemeinsam forschen - gemeinsam lernen. Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Partizipativen Gesundheitsforschung. Stiftung Rehabilitationszentrum Berlin-Ost, Berlin, S 53–90

11. Altgeld T, Rothofer P, Vanheiden T, Sädtler T (2017) Bestandsaufnahme von Interventionen (Modelle guter Praxis) zur Gesundheitsförderung und Prävention bei Menschen mit Behinderung, Berlin

12. Tempelmann A, Ströing M, Ehrenreich H, Kolpatzik K, Hans C (2020) QualiPEP – Qualitätsorientierte Prävention und Gesundheitsförderung in Einrichtungen der Eingliederungshilfe und Pflege. In: Jacobs K, Kuhlmey A, Greß S, Klauber J, Schwinger A (Hrsg) Pflege-Report 2019. Springer, Berlin, Heidelberg, S 103–112

13. Latteck Ä-D, Backhaus J (2017) Literatur- und Datenbankrecherche zu Gesundheitsförderungs- und Präventionsansätzen bei Menschen mit Behinderungen und der Auswertung der vorliegenden Evidenz, Berlin

14. Bruland D, Voß M, Schulenkorf T, Latteck Ä-D (2019) Mit Schwung und Energie durch den Tag. Partizipative Forschung zur Förderung der bewegungsbezogenen Gesundheitskompetenz bei Menschen mit Lernschwierigkeiten. Präv Gesundheitsf 14:368–374. doi.org/10.1007/s11553-019-00714-7

15. Meinhard C, Wallner C, Allweiss T (2019) Die GESUND! Werkstatt zu Besuch in Hamburg. Stadtpunkte(1):11

16. Elze S, Frey S, C., Allweiss T, Schwersensky N (2018) Methodenvielfalt im Projekt GESUND! Wie Menschen mit Lernschwierigkeiten partizipativ forschen. Klinische Sozialarbeit 14(4):6–7

17. Das GESUND! Forschungsteam (2018) Der Blick von Menschen mit Lernschwierigkeiten auf ihre Gesundheit. impu!se für Gesundheitsförderung(99):7–8

18. Becker K-P, Burtscher R (Hrsg) (2019) Gemeinsam forschen - gemeinsam lernen. Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Partizipativen Gesundheitsforschung. Inmitten. Stiftung Rehabilitationszentrum Berlin-Ost, Berlin

19. Burtscher R, Allweiss T, Perowanowitsch M, Rott E (2017) Gesundheitsförderung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Leichter lernen mit dem Projekt GESUND!, 2. aktualisierte Auflage. vdek, Berlin

20. Projekt GESUND! (2016-2021) GESUND! YouTube Kanal. www.youtube.com/channel/UCntMMGlqfJYnOhNsVcmm2ng

21. Projekt GESUND! (in Vorbereitung) Gesundheitsförderung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Leichter lernen mit dem Projekt GESUND! Teil 2. vdek, Berlin

22. Michaela Gottfried, Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), Prof. Dr. Reinhard Burtscher, Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin, Christina Jäger, Pressesprecherin Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (2017) "Projekt GESUND! macht Menschen mit Lernschwierigkeiten zu „Gesundheitsforschern“, Berlin (Die Pressemitteilung wurde u. a. online aufgegriffen von: REHACARE Magazin; einfach teilhaben; KoKoBe; Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung; Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen; aerzteblatt.de; Eltern beraten Eltern; Deutsche Vereinigung für Rehabilitation; Bundesverband anthroposophisches Sozialwesen e.V.; Newsletter Themendienst Heilpädagogik für Mitglieder des Berufs- und Fachverbandes Heilpädagogik e.V.; Prof. König und Leiser Schulen; Lebenshilfe Freising e.V.; ergoXchange)

23. Burtscher R, Schwersensky N, Perowanowitsch M (2020) Qualifizierung von pädagogischem Personal zu GESUND! Multiplikator*innen. Evaluationsbericht. partkommplus.de/fileadmin/files/Dokumente/Burtscher_et_al_-_2020_-_Evaluationsbericht-VDEK-15-April-2020-Projekt-GESUND.pdf

24. Beispiele für Anfragen und Einladungen: Gesundheitsbeirat Lichtenberg, Fachbeirat „Unser Klima“ (https://unser-klima.diereha.de), Beirat des Projektes GATe der Leibnitz Universität Hannover und der FAF GmbH, Netzwerk des SOD-Projekts „Bewegung und Gesundheit im Alltag stärken“ (BeuGe), Netzwerk Gesundheitswirtschaft Lichtenberg; Austausch mit Förges 3 Bielefeld, Gesundheit 25* Hamburg, „Gesund Leben im Grätzel“ Wien u. a.

25. Begleitgruppenmitglied (2020) Rückmeldung zum letzten Treffen der Begleitgruppe. E-Mail