Wirkungsbeschreibung des Teilprojekts „Partizipation und Epidemiologie“ (P&E)

Berlin, 24.09.2020

Projektvorstellung

1. Das Projekt „Partizipation und Epidemiologie“ (P&E)

Im Forschungsprojekt „Partizipation und Epidemiologie“ (P&E) des Forschungsverbunds „PartKommPlus – Forschungsverbund für gesunde Kommunen“ erforscht das RKI, welchen Beitrag partizipative Ansätze zur Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung leisten können. In Förderphase I wurde das Konzept der „partizipativen Epidemiologie“ entwickelt, dessen Anwendbarkeit in Förderphase II untersucht wird. Folgende Definition wurde für die partizipative Epidemiologie entwickelt:

„Die partizipative Epidemiologie ist ein Konzept, das die aktive Einbeziehung und möglichst gleichberechtigte Zusammenarbeit von Forschenden und Beforschten in einzelnen Abschnitten oder im gesamten epidemiologischen Studienverlauf vorsieht“ (Bach et al. 2019: 3).

Das Hauptziel der partizipativen Epidemiologie ist die Schaffung möglichst praxisrelevanter Gesundheitsdaten unter Einbeziehung von Beforschten (z.B. erstellen die Bewohner*innen eines Quartiers Beobachtungsprotokolle zur Walkability ihres Wohnumfeldes). Dabei sind wechselseitige Prozesse der Kompetenz- und Methodenvermittlungen sowie Befähigungen von Forschenden und Beforschten vorgesehen. Daneben zielt die partizipative Epidemiologie auf die Weiterentwicklung des epidemiologischen Methoden- und Forschungsspektrums, auf die Schaffung praxisrelevanter und zielgruppenorientierter Erkenntnisse und Empfehlungen, um längerfristig zur einer ressourcenorientierten Stärkung des Gesundheitsverhaltens und der gesundheitsrelevanten Verhältnisse von (benachteiligten) Bevölkerungsgruppen beitragen zu können.

 

2. Projektverlauf

Der Verlauf des Projekts P&E teilt sich in drei Phasen: 1. die Konzeptentwicklung, 2. die Anwendungsprüfung des Konzepts und 3. die vertiefende Untersuchung von partizipativen Ansätzen zur Entwicklung datenbasierter Handlungsempfehlungen.

In der ersten Projektphase wurden die theoretischen und konzeptuellen Grundlagen der partizipativen Epidemiologie mithilfe von Literaturreviews sowie Interviews mit Vertreter*innen aus der Public Health-Forschung und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und anderer Akteur*innen aus der Public Health-Praxis erarbeitet. Auf dieser Grundlage konnten sieben Aspekte eines partizipativ gestalteten epidemiologischen Forschungsprozessen herausgearbeitet werden, die entlang eines idealtypischen Forschungsverlaufs gegliedert wurden.

1. Bestimmung des Forschungsziels

  • (lokal) relevante Forschungsziele werden von Forschenden und Beforschten ermittelt
  • die Beeinflussung individueller, sozialer oder weiterer Determinanten von Gesundheit ist explizit vorgesehen
  • Forschungsziele haben sowohl einen Forschungs- als auch Praxisbezug

2. Formulierung der Forschungsfrage

  • Praxisrelevanz, Anwendbarkeit oder andere Anliegen der Ko-Forschenden haben Einfluss auf die Formulierung der Forschungsfrage
  • die Fragestellung orientiert sich meist an Bedarfen auf der Ebene der Bevölkerungsgruppe (vs. individuelle Ebene)

3. Bestimmung der erforschten Bevölkerungsgruppe

  • die Bevölkerungsgruppe wird nach gruppen- oder lebensweltlich relevanten Kriterien ausgewählt (komplementär zu statistischen Kriterien)
  • Vertretungen aus der Versorgungs-, Public-Health-Praxis und/oder Bevölkerungsgruppe sind am Auswahlprozess beteiligt

4. Berücksichtigung von Lebenswelten

  • umweltbezogene, kulturelle, religiöse und/oder gruppenspezifische Einflussfaktoren werden explizit berücksichtigt
  • Vertretungen der Versorgungs-, Public-Health-Praxis und/oder Bevölkerungsgruppe sind an der Auswahl von Einflussfaktoren beteiligt

5. Datenhebung und Analyse

  • qualitative und quantitative Methoden werden häufig kombiniert
  • Angemessenheit der Erhebungsinstrumente (bspw. in Bezug auf Diversitätssensibilität) wird sichergestellt
  • Vertretungen aus der Versorgungs-, Public-Health-Praxis und/oder Bevölkerungsgruppe werden aktiv in die Datenerhebung einbezogen
  • Ergebnisvalidierung durch Vertretungen aus der Versorgungs-, Public-Health-Praxis und/oder Bevölkerungsgruppe ist vorgesehen

6. Organisation der Zusammenarbeit

  • Kooperationen mit (lokalen) Akteur*innen werden frühzeitig angestrebt
  • Anschluss an vorhandene Strukturen wird aktiv gesucht
  • Anpassung des Studienverlaufs (inkl. Methodik) kann notwendig sein

7. Verwendung der Ergebnisse

  • wissenschaftliche Publikationen werden durch niedrigschwellige Formate ergänzt (bspw. Dokumentationen, öffentliche Foren)
  • die Entwicklung praxisorientierter Empfehlungen und die strukturelle Verankerung der Ergebnisse sind explizite Ziele (bspw. Netzwerkbildung, Anschlussprojekte)

Tabelle 1: Sieben Aspekte der partizipativen Epidemiologie (Bach et al. 2019a: 1021).

Davon ausgehend wurden Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Epidemiologie hinsichtlich der Anwendung von partizipativen Ansätzen gegeben und in einem englischsprachigen Grundlagenartikel veröffentlicht (Bach et al. 2017a).

In der zweiten Projektphase von P&E wurde das Konzept der partizipativen Epidemiologie in einem Workshop mit Vertreterinnen und Vertretern aus dem ÖGD der Länder und Kommunen, aus Landesvereinigungen für Gesundheit und aus verschiedenen Forschungseinrichtungen auf Plausibilität und Verwendbarkeit überprüft.

Es wurde die Einschätzung geteilt, dass „mit partizipativen Ansätzen ergänzende Informationen, Daten und lokale Wissensbestände erhoben werden können, auf deren Grundlagen sowohl Planungen als auch (bauliche) Maßnahmen und gemeinschaftliche Aktionen zur Schaffung gesundheitsfördernder Verhältnisse möglich werden. Zudem wurden partizipative Ansätze für den Zugang und die Erschließung der lebensweltlichen Kontexte von besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppen als hilfreich bewertet. Als Herausforderungen wurden der hohe Ressourcenaufwand (Personalstunden) und die vergleichsweise längere Dauer partizipativer Prozesse hervorgehoben. Eine realistische Entwicklungsperspektive für partizipative Ansätze wurde in der Vernetzung verwaltungsinterner und -externer Akteur*innen gesehen. Dabei wurde auch die ressortübergreifende kommunale Berichterstattung angesprochen, die jedoch nur auf der Basis administrativen und kommunalpolitischen Rückhalts erreicht werden kann. Die Teilnehmenden merkten zudem an, dass die konkrete Ausgestaltung partizipativer Ansätze stark von den kommunalen Gegebenheiten abhänge und der Ansatz daher lokal angepasst werden solle“ (Bach et al. 2017b: 23).

In der Dokumentation des Workshops zur Anwendbarkeit der partizipativen Epidemiologie wurde die Vorbereitung und Durchführung partizipativ durchgeführter epidemiologischer Forschung zusammenfassend dargestellt (Santos-Hövener et al. 2017). Auf Basis des Workshops und einer weiteren Literaturrecherche konnten (inter-)nationale Anwendungsbeispiele und spezifische Herausforderungen der partizipativen Epidemiologie zusammengetragen werden.

„In epidemiologischen Studien werden partizipative Ansätze zu vielfältigen Forschungsfragen, auf verschiedenen Untersuchungsebenen und in unterschiedlichen Handlungsfeldern verwendet. Dabei werden gängige quantitative und qualitative Forschungsmethoden eingesetzt. Trotz vielfältiger Herausforderungen [wie die Aufrechterhaltung eines durchgängig hohen Partizipationsniveaus oder ungünstige Forschungs-Rahmenbedingungen] kann gezeigt werden, dass partizipative Ansätze den Anwendungsbezug epidemiologischer Studien verbessern können“ (Bach et al. 2018a: 189).

Mit einer Begriffsdefinition der partizipativen Epidemiologie endete die Phase der Anwendungsprüfung im Projekt P&E (vgl. 1). In der dazugehörigen Publikation wurde ein besonderes Augenmerk auf die Herausforderungen und die damit korrespondierenden Potenziale der partizipativen Epidemiologie gelegt.

Herausforderungen

Potenziale

  • Vereinbarkeit der Partikularinteressen von Forschung, Public Health-Praxis und Bevölkerungsgruppen
  • Identifizierung von Forschungsthemen und Forschungs-zielen mit hohem Lebensweltbezug und praktischer Relevanz
  • erweiterte Methodenkenntnisse notwendig (v.a. dialogische Gruppenmethoden, multiple oder mixed methods)
  • Integration verschiedener selbst erhobener oder vorhandener Datensorten mit passgenauen Methoden (qualitativ/quantitativ)
  • erhöhter Kommunikations- und Koordinationsaufwand zur Anbahnung und Aufrechterhaltung der Forschung
  • verbesserter Zugang zu sogenannten „schwer erreichbaren“ oder „vulnerablen“ Bevölkerungsgruppen
  • eingeschränkte Generalisierbarkeit der Forschungsergebnisse aufgrund lokaler Thematik oder spezifischer Bevölkerungsgruppen
  • Ergebnisse hoher Spezifizität in Bezug auf Studienort (bspw. Setting, Nachbarschaft) oder erforschter Bevölkerungsgruppe
  • Gewährleistung von Angemessenheit und Akzeptanz der eingesetzten Forschungsinstrumente und -methoden
  • Weiterentwicklung epidemiologischer Forschungsinstrumente und -methoden durch Ko-Forschung (bspw. kulturspezifische Aspekte)
  • unvorhersehbare Anpassungen der Studienplanung und -durchführung (research protocol) keine Seltenheit
  • Lernen (capacity building) und Befähigung (empowerment) unter den Ko-Forschenden (bspw. methodische Flexibilität)
  • Einflussnahme von üblicherweise nicht beteiligten Akteur*innen auf die Interpretation und Verwertung der Studienergebnisse
  • innovative Formen der Ergebnisvalidierung (bspw. Expertisen der Ko-Forschenden) und Ergebnisverbreitung (bspw. lokale Initiativen)

Tabelle 2: Herausforderungen und Potenziale der partizipativen Epidemiologie (Bach et al. 2019a: 1021).

In der noch laufenden dritten Phase des Forschungsprojekt P&E steht eine vertiefende Untersuchung partizipativer Ansätze zur Entwicklung datenbasierter Handlungsempfehlungen im Mittelpunkt. In einem Workshop mit Fachkräften der kommunalen Gesundheitsförderung, Gesundheitsplanung und -berichterstattung konnten (i.) fördernde Bedingungen für die partizipative Empfehlungsentwicklung in den Bereichen Voraussetzungen, Zusammenarbeit, Kommunikation und Nachhaltigkeit herausgearbeitet werden, denen (ii.) Ansatzpunkte für die methodische, strukturelle und organisatorische Umsetzung zugeordnet wurden (Bach et al. 2018b). Diese Erkenntnisse werden durch eine noch laufende Befragung von Fachkräften des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und anderen Akteuren der Public Health-Praxis herausgearbeitet und vertieft.

Beteiligte Personen und Organisationen

  • Dr. Mario Bach (Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring)
  • Dr. Claudia Santos-Hövener (Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring)
  • Dr. Susanne Jordan (Robert Koch-Institut, Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring)

Wirkungsbeschreibung

Im Projekt P&E können Wirkungen in verschiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen beschrieben werden: (i.) bei den Kooperationspartner*innen aus dem kommunalen ÖGD und bei anderen Partner*innen aus anderen Sektoren der Public Health-Praxis, (ii.) in der Zusammenarbeit mit Bundesforschungseinrichtungen und Landesgesundheitsämtern sowie Landesvereinigungen für Gesundheit, (iii.) Wirkungen innerhalb des Robert Koch-Instituts und (iv.) Wirkungen in der Wissenschaftsgemeinschaft und der Fachöffentlichkeit. Nachfolgend werden diese Wirkungen, die Wege ihrer Erreichung und entsprechende Belege zusammenfassend dargestellt.

 

3.1 Öffentlicher Gesundheitsdienst der Kommunen und andere Akteur*innen der Public Health-Praxis

Beim kommunalen ÖGD (v.a. Gesundheitsbeichterstattung, Gesundheitsplanung sowie Koordination und Qualitätssicherung) und bei Praxispartner*innen aus den Bereichen der kommunalen Gesundheitsförderung kann eine Sensibilisierung gegenüber Umsetzungsmöglichkeiten von Partizipation in der kommunalen Berichterstattung (Gesundheit, Soziales) und der Gesundheitsförderung festgestellt werden. Als ein Wirkungsweg ist der erste P&E-Workshop zu nennen, der sich an Fachkräfte des ÖGDs (Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsplanung des Bundes, der Länder und der Kommunen) sowie an andere Fachkräfte aus der Public Health-Praxis (z.B. quartiersbezogene soziale Arbeit) wendete und in dem das Konzept der partizipativen Epidemiologie einer Plausibilitäts- und Anwendungsprüfung unterzogen wurden. Als Wirkungsnachweise dienten die Antworten einer Nachbefragung (per E-Mail) und die in der Dokumentation des Workshops festgehaltenen Ergebnisse (Santos-Hövener et al. 2017).

Eine weitere Wirkung ist die Sensibilisierung von ÖGD und weiterer Public Health-Praxis hinsichtlich möglicher Ansatzpunkte zur partizipativen Entwicklung von Handlungsempfehlungen. Wirkungswege sind ein Workshop und eine noch laufende Befragung (Interviews und schriftliche Nachbefragung). Im Workshop zur partizipativen Entwicklung gesundheitsbezogener Empfehlungen und in der Befragung konnten die Teilnehmenden eruieren, auf Basis welcher Gesundheitsdaten (z.B. statische Daten oder Befragungsdaten) und mithilfe welcher partizipativer Ansätze Handlungsempfehlungen entwickelt werden können. Als Wirkungsnachweise können die Dokumentation des Workshops (Bach et al. 2018b) und die inhaltsanalytisch ausgewerteten Interviewtranskripte (n=5) angegeben werden. Dieser noch laufende Forschungsprozess wird mit einer Publikation zur partizipativen Empfehlungsentwicklung abgeschlossen (vgl. 3.4).

Eine weitere Wirkung von P&E ist das Aufzeigen von Partizipationsmöglichkeiten in der Sozialraum- und Bedarfsanalyse. Diese wurden in Beratungsgesprächen (Wirkungsweg) mit Mitarbeiter*innen des Gesundheitskollektivs Berlin (GeKo) erarbeitet. Ein mit dem GeKo veranstalteter Workshop auf dem Kongress Armut & Gesundheit kann hier als Wirkungsnachweise angeführt werden (Bach et al. 2018c). Mit der Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung Gesundheit Berlin Brandenburg (GBB) wurden in einer von der GBB ausgerichteten Fokusgruppe („Daten für Taten – für ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen“, 2017) und in der Veranstaltung „Land in Sicht“ des Kongresses Armut & Gesundheit die Potenziale partizipative Ansätze zur Ergänzung regional vorhandener Gesundheitsdaten erörtert (Bach et al. 2018d). Aufgrund der dialogischen Gestaltung der Veranstaltungen, unter anderem mit Teilnehmenden aus der Gesundheitsplanung und -berichterstattung, mit Ärzt*innen des ÖGD, Vertreter*innen der Kommunal- und Landespolitik, liegen Wirkungswege und Wirkungen, wie z.B. die Wissensvermittlung und Anwendungsprüfung partizipativer Ansätze, eng beisammen.

Fazit: Durch die dialogische Zusammenarbeit mit Akteur*innen aus dem ÖGD und andere Sektoren der Public Health-Praxis konnte das Konzept der partizipativen Epidemiologie bekannt gemacht und konkrete Ansatzpunkte für dessen Anwendung erarbeitet werden.

 

3.2 Bundes- und Landeseinrichtungen

Als Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wurde durch das Projekt P&E im Robert Koch-Institut (RKI) ein institutionalisierter Informations- und Wissenstransfer mit Kommunal-, Landes- und Bundesbehörden sowie anderen Akteur*innen im Gesundheitswesen initiiert und teilweise etabliert. Im Rahmen des Forschungsprojekts P&E wurde das Konzept der partizipativen Epidemiologie auf Workshops im Friedrich-Löffler-Institut (FLI), in der Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheit Berlin-Brandenburg (GBB) und im Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG.NRW) vorgestellt. Die Zusammenarbeit mit dem FLI wurde durch einen gemeinsamen Vortrag im Robert Koch-Institut vertieft. Aus der Zusammenarbeit mit dem LZG.NRW gingen gemeinsame Vorträge auf den jährlichen stattfindenden Kongressen der European Public Health Association (EUPHA) hervor (Bach et al. 2019b). Die Kooperation mit GBB wurde auf gemeinsam veranstalteten Workshops vertieft (Bach et al. 2018d).

Fazit: Durch die Zusammenarbeit mit Bundes- und Landesinstitutionen konnte das Konzept der partizipativen Epidemiologie in spezifischen Kontexten vorgestellt und dessen Einsatzbereiche vermittelt werden.

 

3.3 Robert Koch-Institut

Im Forschungsprojekt P&E wurden über Vorträge, Beratungen und über Arbeitsgruppen Kolleg*innen aus unterschiedlichen Fachgebieten und Abteilungen des Robert Koch-Instituts erreicht. Es kam zu einer Vermittlung von grundlegenden Informationen zu partizipativen Forschungsansätzen in den Gesundheitswissenschaften und der partizipativen Epidemiologie im Rahmen von Fachgebietssitzungen und Abteilungskolloquien. Daneben wurden Beratungen hinsichtlich der Potenziale und Anwendungsmöglichkeiten von partizipativen Ansätze in der Epidemiologie durchgeführt, wie zum Beispiel in der Beantragung entsprechender Projektförderungen (partizipative Entscheidungsfindung in der Krankenversorgung) oder zur Berücksichtigung partizipativer Ansätze im Rahmen der Methode „Fokusgruppe“ (im Rahmen eines Forschungsprojekts zum Thema Geschlecht und Gesundheit). In einer noch in Planung befindlichen Längsschnittstudie (KiGGS-Kohorte), die auch partizipative Elemente enthalten soll, wurde das Konzepte eines Workshops mit ehemaligen Studienteilnehmenden entwickelt, in dem Kriterien zur partizipativen Weiterentwicklung des zukünftigen Studiendesigns erarbeitet werden sollen. Mit dem am RKI angesiedelten Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz (ZIG) wurde bei der Weiterentwicklung sogenannter „partizipativer Trainings“ zur Krankenhaushygiene in afrikanischen Ländern beigetragen. Das Projekt P&E unterstützt zudem die sogenannte „Interessengruppen Partizipation“, eine abteilungsübergreifenden Initiative wissenschaftlicher Mitarbeiter*innen zu Umsetzung partizipative Ansätze im RKI.

Fazit: Mithilfe unterschiedlicher Formate konnten Informationen, Wissensbestände und methodische Hinweise zu partizipativen Forschungsansätze und der partizipativen Epidemiologie im RKI bekannt gemacht und gezielt vermittelt werden. In der Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen zeigte sich, dass „Partizipation“ zu einem organisationalen Querschnittsthema geworden ist, das Mitarbeitende, aus unterschiedlichen Fachgebiete und Abteilungen zur Kooperation anregt.

 

3.4 Wissenschaftsgemeinschaft und Fachöffentlichkeit

Die Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und anderen Print- oder Onlinemedien und die Vorträge auf nationalen und internationalen Konferenzen sorgten für eine Verbreitung des Konzepts in der Wissenschaftsgemeinschaft. Im Projektverlauf wurde folgende Publikationsstrategie entwickelt:

 

1. Erstellung eines theoretisch-konzeptuellen Grundlagenartikels zur partizipativen Epidemiologie in englischer Sprache:

Bach, M., Jordan, S., Hartung, S., Santos-Hövener, C., & Wright, M. T. (2017). Participatory epidemiology: the contribution of participatory research to epidemiology. Emerging Themes in Epidemiology, 14: 2.

https://doi.org/10.1186/s12982-017-0056-4

6463 Zugriffe

29 Zitationen

19 Tweets

100 Mendely

(Stand 09/2020)

2. Beschreibung von Anwendbarkeit und den Herausforderungen der partizipativen Epidemiologie mit (inter-)nationalen Praxisbeispielen:

Bach, M., Santos-Hövener, C., & Jordan, S. (2017). Die Anwendung partizipativer Ansätze in epidemiologischen Studien und Gesundheitsberichten. Ein Scoping Review. Das Gesundheitswesen, 79, 792-793.

https://rdcu.be/HSo9

572 Zugriffe

1 Zitation

(Stand 09/2020)

3. Die Klärung der Anwendbarkeit mit Fachkräften aus dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (Bund, Länder, Kommunen) im Rahmen eines Workshops und der Veröffentlichung seiner Dokumentation:

Santos-Hövener, C., Jordan, S., & Bach, M. (2017). Dokumentation des Workshops "Lokales Wissen gemeinsam nutzen. Partizipative Ansätze in Berichterstattung und Epidemiologie" am 18. und 19. Mai 2017 im Robert Koch-Institut, Berlin.

https://doi.org/10.17886/rkipubl‐2017‐010

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(Stand 09/2020)

4. Die Definition der partizipativen Epidemiologie:

Bach, M., Jordan, S., & Santos-Hövener, C. (2019). Was ist partizipative Epidemiologie? Eine Begriffserklärung. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 62(8), 1020-1023.

https://rdcu.be/bHZwi

395 Zugriffe

1 Zitation

2 Tweets

(Stand 09/2020)

5. Die Bearbeitung des Teilaspekts „Empfehlungsentwicklung“ aus vorhandenen Gesundheitsdaten mit Fachkräften aus der Public Health-Forschung und der Public Health-Praxis. Dokumentation der Voraussetzungen, Methoden und Ansatzpunkten der partizipativen Empfehlungsentwicklung.

Bach, M., Santos-Hövener, C., & Jordan, S. (2018). Dokumentation des Workshops "Partizipative Entwicklung praxisnaher Empfehlungen in der (Gesundheits-)Berichterstattung" am 6. und 7. Juni 2018 im Robert Koch-Institut, Berlin.

https://doi.org/10.17886/rkipubl-2018-005

565 Zugriffe

(Stand 09/2020)

6. Die Bearbeitung des Teilaspekts „Co-Creation“ mit dem Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft (HU Berlin) im Rahmen eines internationalen Konferenzworkshops.

Bach, M., Stock, C., & Rosenkötter, N. (2019). Workshop: Better ask those who are concerned: co-creation in participatory epidemiology and health promotion. The European Journal of Public Health, 29(Supplement 4).

https://doi.org/10.1093/eurpub/ckz185.826

12 Zugriffe

(Stand 09/2020)

7. Die Darstellung der partizipativen Empfehlungsentwicklung aus vorhandenen Gesundheitsdaten auf Basis von Interviews und einer schriftlichen Befragung.

Fachpublikation in Arbeit. Einreichung in „Das Gesundheitswesen“.

 

Zur Publikationsstrategie gehört auch die strategische Anbahnung von Kooperationen mit Forschungseinrichtungen. Hervorzuheben ist die Kooperation mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (vgl. 3.2). Im Kontext von One Health wurden im Rahmen eines Tagungsworkshops die methodisch-konzeptuellen Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der partizipativen Epidemiologie aus veterinär- und humanepidemiologischer Sicht erörtert. Mit Praxispartner*innen (v.a. Landwirte und Jäger*innen) wurden Anwendungsszenarien der partizipativen Epidemiologie im Rahmen der Seuchenprävention (u.a. Afrikanische Schweinpest) entwickelt.

DACh-Epidemiologietagung 2018

https://www.dvg.net/tagungen/termine/dach-epidemiologietagung-2018/?contUid=0 [09/2020].

 

Mit einem öffentlichen Vortrag im Robert Koch-Institut zur partizipativen Epidemiologie wurde die Zusammenarbeit fortgeführt.

Ebenfalls zur Publikationsstrategie gehört die Präsentation des Konzepts auf wissenschaftlichen Konferenzen. Insofern möglich, werden dabei Formate gewählt, die einen Dialog mit dem Teilnehmenden zulassen. Dazu zählen folgende Veranstaltungen:

  • Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (2015): „Die partizipative Entwicklung und Anwendung von Gesundheitsindikatoren. Ein exploratives systematisches Review“.
  • Kongress Armut & Gesundheit (2017): „Partizipative Epidemiologie und Berichterstattung“.
  • Jahrestagung der International Collaboration of Participatory Health Research (2017): “Working Group on Participatory Epidemiology”.
  • Konferenz des Collaborative Action Research Network (2017): “Participatory health research meets epidemiology: a conceptual framework and potential contributions”.
  • Gesundheit Berlin Brandenburg, Fokusgruppe: „Daten für Taten – für ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen“ (2017): „Die Anwendung partizipativer Ansätze in epidemiologischen Studien und Gesundheitsberichten.
    Ein Konzept und erste Schritte in die Praxis“.
  • Fachtag kommunale Gesundheitsberichterstattung, Landeszentrum Gesundheit NRW (2018): „Partizipative Methoden und kommunale (G)BE – gibt es Schnittflächen und Tools?“.
  • DACh-Epidemiologietagung (2018): „Partizipative Epidemiologie in Public Health“.
  • Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (2019): „Mixed Methods in der Partizipativen Gesundheitsforschung: die Partizipative Epidemiologie“.
  • Jahrestagung der European Public Health Association (2019): “Co-Creation in Participatory Epidemiology”.
  • Kongress Armut & Gesundheit (2019), Fachforum zu Health Inequalities: „Partizipation und gesundheitliche Ungleichheit: Chancen und Herausforderungen für Forschung und Praxis”.

Fazit: Die erzielte Wirkung in der Wissenschaftsgemeinschaft spiegelt sich in den Zitationen in Peer Reviews Journals und in den Zugriffszahlen auf die frei zugänglichen Artikel und Dokumentationen wider. Die Verbreitung der partizipativen Epidemiologie in der Fachöffentlichkeit, vor allem im Öffentlichen Gesundheitsdienst und anderen Sektoren der Public Health-Praxis, konnte über verschiedene Workshop-Formate erreicht werden.

Ausblick und Fazit

Mit der Stand 09/2020 noch laufenden Befragung von Fachkräften zur partizipativen Entwicklung von Handlungsempfehlungen und der sich anschließenden Publikation (vgl. 3.4) wird das Projekt P&E im Januar 2021 abgeschlossen.

Folgendes Gesamtfazit der hier dargestellten Wirkung von P&E kann gezogen werden:

  • Ein dokumentiertes Interesse am Konzept der partizipativen Epidemiologie in der (inter-)nationalen Fachöffentlichkeit.
  • Eine Sensibilisierung von und ein Wissenstransfer zwischen Fachkräften aus dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und aus weiteren Sektoren der Public Health-Praxis bezüglich der Voraussetzungen, den Möglichkeiten, der Herausforderungen und den Ansatzpunkten der partizipativen Epidemiologie.
  • In P&E ist es gelungen, Kooperationen zur Umsetzung partizipativer Ansätze in der Epidemiologie innerhalb des RKIs und mit externen Partner*innen aufzubauen. Hinsichtlich der Verstetigung der partizipativen Epidemiologie wurde für ein mögliches Folgeprojekt im Rahmen der kommunalen Präventionsberichterstattung ein Förderantrag eingereicht. Zudem soll die Zusammenarbeit zur partizipativen Epidemiologie mit dem Friedrich-Loeffler-Institut über 2021 hinaus verstetigt werden.

Quellen, Hinweise und Belege

  • Bach, M., Jordan, S., Hartung, S., Santos-Hövener, C., & Wright, M. T. (2017a). Participatory epidemiology: the contribution of participatory research to epidemiology. Emerging Themes in Epidemiology, 14: 2. doi.org/10.1186/s12982-017-0056-4
  • Bach, M., Santos-Hövener, C., & Jordan, S. (2017b). „Lokales Wissen gemeinsam nutzen. Partizipation in der Gesundheitsberichterstattung“. Ein Workshop im Robert Koch-Institut. Impulse für Gesundheitsförderung. Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen, 4, 22-23.
  • Bach, M., Santos-Hövener, C., & Jordan, S. (2018a). Partizipative Forschungsansätze in der Epidemiologie. Ein explorativer Literaturreview zu Anwendungen und Herausforderungen. Prävention und Gesundheitsförderung. 13(3), 187-195. doi.org/10.1007/s11553-018-0639-0
  • Bach, M., Santos-Hövener, C., & Jordan, S. (2018b). Dokumentation des Workshops "Partizipative Entwicklung praxisnaher Empfehlungen in der (Gesundheits-)Berichterstattung" am 6. und 7. Juni 2018 im Robert Koch-Institut, Berlin. doi.org/10.17886/rkipubl-2018-005
  • Bach, M., Grube, M., & Brandeis, B. (2018c). Daten gemeinsam erheben und verstehen: Partizipation in der Gesundheitsberichterstattung. Vortrag auf dem Kongress Armut & Gesundheit.
  • Bach, M., Santos-Hövener, C., & Jordan, S. (2018d). Die Anwendung partizipativer Ansätze in epidemiologischen Studien und Gesundheitsberichten. Vortrag auf dem Kongress Armut & Gesundheit. Forum: Land in Sicht. Strategien zur Gesundheitsförderung und Prävention in ländlichen Räumen. tinyurl.com/y88qaloa
  • Bach, M., Jordan, S., & Santos-Hövener, C. (2019a). Was ist partizipative Epidemiologie? Eine Begriffserklärung. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 62(8), 1020-1023. doi.org/10.1007/s00103-019-02984-0
  • Bach, M., Stock, C., & Rosenkötter, N. (2019b). Workshop: Better ask those who are concerned: co-creation in participatory epidemiology and health promotion. The European Journal of Public Health, 29(Supplement 4). doi.org/10.1093/eurpub/ckz185.826
  • Santos-Hövener, C., Jordan, S., & Bach, M. (2017). Dokumentation des Workshops "Lokales Wissen gemeinsam nutzen. Partizipative Ansätze in Berichterstattung und Epidemiologie" am 18. und 19. Mai 2017 im Robert Koch-Institut, Berlin. doi.org/10.17886/rkipubl‐2017‐010