Erfahrungsbericht des ICPHR Jahrestreffens August 2016
Die ICPHR wurde 2009 gegründet und verfolgt das Ziel, partizipative Gesundheitsforschung (PGF) konzeptionell und qualitativ weiterzuentwickeln, um so die Rolle der PGF in der Gestaltung von Interventionen und im Prozess der (politischen) Willensbildung zu stärken. Basis ist ein Verständnis von Partizipation als zu Grunde liegender Forschungsansatz und nicht als Methode. Partizipation wird demnach als bestimmendes Prinzip für den gesamten Forschungsansatz angewendet. Es soll eine möglichst maximale Mitgestaltung derjenigen erreicht werden, deren Lebensbereiche erforscht werden.
Im Zentrum der Arbeit der ICPHR und auch der Jahrestreffen steht das systematische Zusammenbringen des internationalen Wissens und der Erfahrungen, um die Qualität der Forschung zu verbessern und die Modellentwicklung voranzubringen. Damit einhergehend sind die Jahrestreffen zwar vorab strukturiert, werden aber inhaltlich gemeinsam von allen Teilnehmenden entwickelt.
Wie in den Vorjahren fand auch in diesem Jahr zunächst eine Vorkonferenz statt. Diese wurde organisiert durch die REGION VÄSTRA GÖTALAND und fand am 24.08.2016 in Göteburg, Schweden, statt. Im Rahmen des Leitthemas „shortening the gap between academia und society“ wurde die Vorkonferenz dazu genutzt, gemeinsam mit politischen, kommunalen und lokalen Akteurinnen und Akteuren der Region zu diskutieren, wie partizipative Forschung etabliert und für politische Entscheidungen genutzt werden kann. Insgesamt haben rund 120 Personen überwiegend aus Schweden an der Vorkonferenz teilgenommen und in teilweise parallelen Workshops zu methodischen Frage und Beispielen der PGF diskutiert.
An der Konferenz in Malmö haben im Anschluss ca. 40 Personen teilgenommen - neben Teilnehmenden u.a. aus England, Irland, den Niederlanden und Portugal auch Teilnehmende aus Brasilien, Neuseeland, Australien und den USA. Für PartKommPLus waren Ina Schaefer (Teilprojekt ElfE) und Susanne Kümpers (Teilprojekt Age4Health) dabei. Außerdem Sebastian von Peter vom Netzwerk Partizipative Gesundheitsforschung (PartNet).
Beginnend gaben Mitglieder des ICPHR-Consortiums, d.h. Vertreter der Institutionen, die einen spezifischen Schwerpunkt zu partizipativer Forschung im Rahmen der ICPHR verantworten, einen Input. Angesprochen wurden Themen wie Ethik in der PGF, Wirkungen der PGF oder auch „use of mixed methods“ in der PGF. Alle Inputs schlossen mit einem konkreten Arbeitsvorschlag für die anschließenden Workshops, beispielweise die Arbeit an Publikationen oder Positionspapieren zu den diskutierten Themen. Teilweise wurden an die im Rahmen des letzten Jahrestreffens 2015 in Bielefeld/Berlin erarbeiteten Ergebnisse angeknüpft, um diese weiterzuentwickeln. Ergänzend wurden alle Teilnehmenden gebeten, je nach Interesse weitere Themen einzubringen. Hier wurden u.a. die Themen PGF mit MigrantInnen und PGF mit chronisch Erkrankten ergänzt. Aus allen gesammelten Vorschlägen wurden dann gemeinsam die konkreten Workshops geplant, wobei manche Themen auch in zwei aufeinander folgenden Workshops behandelt wurden.
Es war beeindruckend, wie schnell auf diese Weise eine konkrete und die Interessen aller Teilnehmenden integrierende Gestaltung der Konferenz erarbeitet werden konnte – ein sehr positives Beispiel für eine partizipative Gestaltung eines Kongresses.
Ebenfalls eindrucksvoll war die Intensität der Diskussionen in den meisten Workshops (das können wir zumindest für die Workshops sagen, an denen wir teilgenommen haben). Auch unterschiedlichsten Gesichtspunkten wurde mit großer Wertschätzung begegnet und abschließend wurden zielorientiert weiterführende Arbeitsverabredungen getroffen. Beispielweise wurde in dem Workshop zur Frage „Was kann PGF zur Implementation von Programmen, Angeboten o.ä. beitragen“ ein im Vorjahr in Bielefeld erarbeiteter Entwurf für ein Positionspapier neu strukturiert und inhaltlich ergänzt. Diese weiter entwickelte Fassung soll nun mit allen daran Beteiligten, also auch denjenigen aus dem Vorjahr, nochmals schriftlich abgestimmt werden und dann in ein Positionspapier überführt werden. In den meisten Workshops wurden so oder ähnlich Perspektiven für die weitere Arbeit entwickelt.
Im letzten Teil der Veranstaltung am Samstag wurden die Ergebnisse aller Workshops kurz präsentiert. Intensiv diskutiert wurden in diesem Teil aber eher strukturelle Fragen, so die Frage nach Teilnahmegebühren für die Jahreskonferenz oder auch Mitgliedsbeiträge für die ICPHR. Hier wurden zum Teil sehr kontroverse Auffassungen geäußert, die sich nicht zu einem abschließenden Konsens bringen ließen. Manche Teilnehmende sehen Gebühren als eher nicht vereinbar mit den demokratischen Grundsätzen und einer größtmöglichen Offenheit der ICPHR. Zugleich wird ein unverhältnismäßiger administrativer Aufwand befürchtet. Andere sehen in den Gebühren die Chance, in einen besseren Bekanntheitsgrad zu investieren und die Wertschätzung gegenüber der ICPHR generell und auch den Jahrestreffen erhöhen zu können. Diesbezüglich bleibt offen, in welche Richtung sich die ICPHR weiter entwickeln wird. Es bleibt aber zu hoffen, dass der zugrunde gelegte Ansatz der Konferenz, „networking“ nicht in die Kaffeepausen zu verlagern und ausnahmslos im Rahmen der Konferenz den Austausch und die Diskussion zu ermöglichen, so oder so erhalten bleibt.
Letztlich haben die lebhaften und freundlich geführten Diskussionen natürlich auch für eine gute Stimmung und kreative Atmosphäre während dieser Tage gesorgt. Die lauen Sommerabende im schönen Göteborg und Malmö waren ein zusätzliches I-Tüpfelchen.
Im nächsten Jahr wird das Jahrestreffen in Irland durchgeführt. Der Termin wird, sobald er feststeht, auf der PartKommPlus Webseite bekannt gegeben.